Geschichtliche Grundlage des Bürgerliches Schützencorps Cannstatt

König Wilhelm I. (1816 – 1864), der sich 1819 mit den Landständen auf einen Verfassungsvertrag geeinigt hatte, ließ nicht nur bewaffnete Garden und Wehren wieder zu, sondern er förderte zudem die Neu- und Wiedergründung solcher wehrhaften bürgerlichen Korps. Gerne gestattete er, dass ihm die Stuttgarter Stadtreiter alljährlich beim Ritt zu dem von ihm 1818 ins Leben gerufenen Cannstatter Volksfest das Geleit gaben und auf dem Festgelände gemeinsam mit dem Cannstatter Schützenkorps den Schutz des Festgeländes und insbesondere den der königlichen Tribüne übernahmen.

 In der ersten Beschreibung des Landwirtschaftlichen Festes zu Cannstatt heißt es: Die Handhabung der Ordnung wurde der Bürgerschaft von Cannstatt übertragen, welche sich zu dem Ende in ein wohl uniformiertes Corps bildete, und in ihrem Dienste von dem schönen Stadtreiter-Corps von Stuttgart willfährig unterstützt wurde. Beide Teile entsprachen auch ihrem Auftrage zur vollkommensten Zufriedenheit. (Johann Georg Daniel Memminger: „Erstes landwirtschaftliches Volksfest in Württemberg“, in: Württembergisches Jahrbuch 1819, S. 125

 Königreich Württemberg
Archivnummer: HSA Stuttgart  E146/1Bü3817

Im Februar 1829 bestehende oder projektierte Bürgerliche Schützencorps, Bürgergarden, Bürgermilizen usw.:

Cannstadt
Nach wiederholten Einleitungen haben sich einstweilen 50 Bürger zum Eintritt in eine Bürger-Garde bereit erklärt u. das Oberamt glaubt, daß sich noch  mehrere anschließen werden u. der Stadtrat will die Anschaffung der Hüte samt Büschen, der Epauletten, der Gardeschuhe u. Knöpfe für diejenigen welche von dieser Einwilligung Gebrauch machen wollen, auf die Stadtkasse übernehmen. Auch soll auf Verlangen die Hälfte der Montierungs-Kosten aus der Stadtkasse vorgeschossen u. in Monatsraten wieder eingezogen werden. Die Kleidung solle bestehen in einem kurzen, dunkelgrünen Frack mit schwarzen Aufschlägen, roten Passepoils u. gelben Knöpfen, grünen über die Stiefel gehenden Beinkleidern, hellgrünen Epauletten u. einem nach Art der Tiroler Jäger aufgeschlagenen Hut mit Roßhaarbusch; die Armatur in einem Stutzen-Gewehr, kurzer Säbel mit lederner Scheide, Cartouche u. schwarzem Lederwerk. Die Offiziere tragen dreieckigen Hut mit weißem Federbusch u. goldene Epauletten.

Im Stadtarchiv Stuttgart findet sich nur eine einzige Akte über die Zeit von 1828 bis 1835, die von über 100 Mann in Uniformen, die der Stadt Cannstatt zur Ehre gereichen, erzählt. Hier heißt es unter anderem: „Unbestritten hat die Stadt an dem Schützencorps eine militärisch organisierte Compagnie von 100 Mann, die der Gemeinde Cannstatt in ihrer Stellung mehr Ehre machen dürfte als eine Truppe Taglöhner, so sie sonst für den oben erwähnten Ehrendienst anstellen müsste. … Es bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung das es zur Ehre der Stadt gereicht, daß am Volksfest die Ehrenwache bey Sr. Majestät dem König durch ein anständiges, militärisches Bürgercorps ... gegeben wart.“

Eine bildliche Darstellung der Uniform von CH. F. Autenrieth aus dieser Zeit gibt genaue Auskunft, wie die Uniform ausgesehen hat.


Neugründung des Bürgerlichen Schützencorps Cannstatt

Da das Bürgerliche Schützencorps Cannstatt gemeinsam mit der Stadtgarde zu Pferd Stuttgart mit der Ordnungstätigkeit auf den Cannstatter Volksfest betraut war, hat der Cannstatter Volksfestverein e.V. die Wiedergründung des „Bürgerlichen Schützencorps Cannstatt“ betrieben. In § 2 der Satzung heißt es:

„Der Verein dient der Erhaltung und Förderung des Volksfestbrauchtums, wie z. B. der historischen Gestaltung der Fruchtsäule, der Durchführung von Volksfestumzügen, Veröffentlichungen über die Volksfestgeschichte, Wahrung des Gedenkens an den Gründer des Landesfestes u. a..“

Das Bürgerliche Schützencorps Cannstatt gehört somit zur Tradition und zum Brauchtum des Cannstatter Volksfestes. Eine Satzungsänderung mit der Ergänzung um das Bürgerliche Schützencorps wird bei der Mitgliederversammlung im Frühjahr 2020 vorgenommen werden.

Das Bürgerliche Schützencorps hat darüber hinaus eine eigene Ordnung, die bei der Gründungsversammlung einstimmig verabschiedet worden ist.

Das Bürgerliche Schützencorps soll aus drei Abteilungen bestehen:


1. Schützencorps
a) mindestens 40 Mann
b) Schützencorpskommando
i Hauptmann (Kommandant des Corps)
ii Oberlieutenant (Stellvertreter des Kommandanten)
iii Lieutenant
iv Oberjäger
v Fähnrich
vi Oberfourier
vii Zahlmeister
viii Kämmerer

2. Musikzug (Musikverein Bad Cannstatt)

a) Stabshornist

3. Spielmannszug (Spielmannszug des Kübelesmarktes Bad Cannstatt)
a) Tambourmajor

Ränge:
a. Hauptmann (durch Wahl)
b. Ober Lieutenant (durch Wahl)
c. Lieutenant (durch Wahl)
d. Sergeant (nach 20 Jahren aktiver Mitgliedschaft oder besonderen Leistungen)
e. Corporal (nach zehn Jahren aktiver Mitgliedschaft oder besonderen Leistungen)
f. Schütze / Tambour / Musikus

Die Aufstellung des Schützencorps ist durch die Erstausstattung mit Uniformen mit sehr hohen Kosten verbunden. Deshalb wird zunächst die Infanterie mit 30 Mann und dann in den Jahren danach Musikzug und Spielmannszug mit Uniformen ausstaffiert.


Wiedergründung

 

Das Bürgerliche Schützencorps von Cannstatt wurde bei der Versammlung am 11.7.2019 neu wiedergegründet. 21 Mann haben sich zum aktiven Dienst angemeldet. Weitere, die verhindert waren, haben ihre Bereitschaft zur Mitwirkung erklärt. So wird zur Premiere eine Mannschaftsstärke von 30 Mann angestrebt.

Für die Uniformbeschaffung suchen wir dringend Spender!

Wer gerne mitmachen möchte wende sich an wager@cannstatter-volksfestverein.de