Cannstatter Volksfest-Schwäbisch für Reig’schmeckte


Dullo

„Der hot an Dullo“ – Er hat einen kleinen Rausch. Woher das Wort kommt ist nicht genau herzuleiten. Vermutlich kommt es aus dem Französischen (tourillon – Drehzapfen).

Dudla

Für dieses Wort, das ausgesprochen lang auf dem U ruht, gibt es drei Bedeutungen. Zum einen meint es schlecht zu musizieren, zu singen, vor sich hin zu summen oder das Radiogerät ständig laufen zu lassen. Zum anderen steht es für den andauernden Alkoholgenuss.
„Der dudlt au gern amol.“ – Das ist ein Säufer.
„Der ischt au dudlet voll!“ – Das Ende seiner alkoholischen Flüssigkeitsaufnahme ist scheint erreicht zu sein.

Balla

„En halbr Balla isch nausg‘schmissas Geld“ – Ein nicht vollständig ausgeführtes Betrinken ist eine Anlageform ohne Return of invest.

Balle

Ein dummer, ungeschickter Mensch. „Du Balle!“
Besonders freudige Begrüßung eine spät heimkehrenden Volksfestbesuchers durch sein angetrautes Eheweib: „Ja sag amol Du Balle, Du hoscht jo an scheena Balla?
Darauf er: „Freit, wenn er Dir au gfällt!“

Deez

(von frz. Tête) Abwertend für Kopf. „Wa hot au der ufam Deez?“ – Sie tragen aber eine extravagante Kopfbedeckung.

Knitz

Dieses typische und nur für Stuttgarter zutreffende Wort stand ursprünglich für „keinnutzig“, also nichtsnutzig. Heute bezeichnet es einen Menschen der sich schelmisch, verschmitzt und liebenswürdig-pfiffig darstellt. „Der isch aber knitz!“ oder „Des isch aber an knitzer Denger!“. Beide Aussprüche zollen dem Angesprochenen höchsten Respekt und Anerkennung.

Kuss me!

Wörtlich: Küsse mich! Achtung Rei’gschmeckter, hier lauert Gefahr. Wenn ein Schwabe diesen Ausdruck benützt, dann meint er natürlich das Gegenteil der wörtlichen Bedeutung. Es ist eine Aufforderung, die in der deutschen Literatur einem gewissen Götz von Berlichungen zugeschrieben wurde. Lies selbst nach.

Semsagräbsler

Dies ist ein Ausdruck höchster Verachtung eines saueren Weines. Um Leib und Leben zu schonen sollte man niemals einen Cannstatter Wein damit bezeichnen. Erstens stimmt es nicht und zweiitens wäre es eine unverzeihliche Beleidigung. Der Semsagräbsler ist das Resultat einer Weinrebe, die an der Hauswand entlang von Fenstersims zu Fenstersims klettert. Er wächst ab Tübingen neckaraufwärts. „Des isch aber a reachter Semsagräbsler“ – „Diese Flüssigkeit eignet sich besser zur Salatsoße!“

A Viertele Zuckerle

Das ist nicht etwa ein Stück Würfelzucker sondern der Wein der Cannstatter. Seinen Namen hat er vom Zuckerberg. Ein Rei’gschmeckter zeichnet sich als Kenner aus, wenn er in einem der Volksfest-Weinzelte „a Viertele trockana Zuckerle“ bestellt.

Zutzla

Eine mit Geräusch verbundene Nahrungsaufnahme. „Der zutzlat an seim Göckelesflügele rom, wia a Kälble an ra Dut!“ – Der Kerl hat überhaupt keine Tischmanieren.

Bräz /Brezg

Es gibt dreierlei Arten von Brezeln. Badische – das sind ganze Brezeln mit Butter. Schwäbische – das sind ganze Brezeln ohne Butter. Stuttgarter Brezeln schließlich sind halbe Brezeln ohne Butter. Sie werden bei Empfängen im Rathaus gereicht und zeugen von puritanisch schwäbischer Sparsamkeit.

Die geballte Lebensweisheit versteht der Schwabe konzentriert in Spruchweisheiten und Aphorismen zu packen. Das unterstützt die schwäbische Maulfaulheit und erleichtert die Kommunikation auf dem Cannstatter Volksfest. Hier ein paar Versucherle rund um’s „essa ond trenka“. 

Frei i mi auf mein Durscht heit Obend. (Die Vorfreude ist groß)

Wer mit vierzig no koin Ranza hot, bleibt en Krüppl!

Des isch mr liebr als a bachener Furz uf ra Gabel!
(Dieser Mahlzeit gilt meine ganze Zuwendung)

Des schmeckt besser als a Gosch voll Reißnägel. (Das schmeckt wirklich vorzüglich)

Was mr heut trenkt, muaß mr scho morga nemme trenka.

Von de z’kleine Schuah hot der sei raode Nos net.

Der hot scho emmr gern z’nass gfuadret.
Er trinkt gerne einen über den Durst.

Wemmr oin hot, no muaß man seh lau, sonscht isch’r nix wert.
Einen ordentlichen Rausch braucht man nicht zu verstecken.

Es gibt nix bessers als ebbes Guads.
Ich habe einen einfachen Geschmack – immer nur das Beste!

I ka essa ond trenka wane will, i han an dr Arbet oifach koi Froid!

Lieber guad koppet wia an Furz vrhoba. (Schwäbische Umschreibung des Luther-Zitats: „Warum rülpset und furzet ihr nicht? Hat es euch nicht geschmacket?“)

Oh, wenn i no em Hemml wär ond mit Pfannkucha zudeckt!
(Idealisierte Vorstellung des urschwäbischen Elysiums)

A halbr Balla isch nausgschmissas Geld. (Wenn schon, denn schon)

Manchee hendd au bloß zwoi Mäga ond koi Hirn. (Bei manchen Zeitgenossen sind die Grundbedürfnisse different gewichtet)

Uf oim Fuaß goht mr net hoim! (Eine Maß trinken wir noch)

A gscheidr Wei’ hot no koim Domma gschadet. (ohne Worte)

Proscht Gürgele, ‘s kommt a Pflatschreaga! (Freudig erregter Ausruf vor dem Genuss der ersten Maß Cannstatter Volksfestbieres)

Mehr dieser schwäbischen Weisheiten finden Sie in dem Buch:

Schwäbischer Spruchbeutel 
gefüllt von Wulf Wager,
mit Illustrationen von Björn Locke, 
Silberburg-Verlag Tübingen, 
7,90 Euro, ISBN 3-87407-654-7,
erhältlich in jeder Buchhandlung oder unter www.woascht.de



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